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Telekom will 2028 2G-Mobilfunknetz abschalten

Als erster Mobilfunkbetreiber will die Telekom 2028 ihr 2G-Netz abbauen.

Deutsche Telekom

Auf den ersten Blick scheint die Meldung ein No-Brainer zu sein: Die Telekom will zum 30. Juni 2028 ihr 2G-Netz komplett abschalten. Die Begründung: Die Frequenzen, die mit Abschaltung der veralteten Technik frei werden, sollen dann für 4G und 5G genutzt werden, um eine schnellere Datenübertragung zu ermöglichen.

Beim Konkurrenten Vodafone heißt es dazu, dass man wahrscheinlich 2030 das 2G-Netz abschalte. Keinen konkreten Abschalttermin gibt es bislang von Telefónica Deutschland. Dort heißt es, wie teltarif berichtet: „2G bleibe als Basisnetz für mobile Telefonie und SMS vorerst bestehen“.

Hunderttausende Legacy-Anwendungen betroffen

Mit der 2G-Abschaltung werden ab 2028 bundesweit hunderttausende, wenn nicht gar Millionen von Legacy-Anwendungen, die heute unauffällig ihren Dienst verrichten, nicht mehr funktionieren. Damit kommt auf viele Unternehmen in den nächsten Jahren eine wahre Sisyphusarbeit zu. Es gilt, diese Anwendungen, die oft seit Jahrzehnten im Hintergrund laufen, zu identifizieren und zu modernisieren – sprich Geld zu investieren.  

Dabei ist die Argumentation des Bonner Carriers grundsätzlich nachvollziehbar. Die für 2G verwendete Technik ist wirklich alt und hat mittlerweile mehr als 30 Jahre auf dem Buckel. Zur Erinnerung: 1992 wurden mit den damaligen D-Netzen (D1 von der Telekom, D2 von Mannesmann Mobilfunk – heute Vodafone) die ersten digitalen Mobilfunknetze in Deutschland eingeführt.

Ältere Handys werden nicht mehr funktionieren

In Deutschland dürften die Notrufsysteme von schätzungsweise rund 100.000 Aufzügen von der 2G-Abschaltung betroffen sein.

PRASAN MAKSAEN/shutterstock.com

Sie basieren auf der 2G-Technik, auch bekannt als Global System for Mobile Communications (GSM). Dahinter verbirgt sich der Standard für volldigitalisierte Mobilfunknetze. Er ermöglichte nicht nur Telefonie, sondern auch paketvermittelte Datenübertagung sowie Kurzmitteilungen – Stichwort: SMS.

Gerade die jüngere Generation wird hier eventuell versucht sein, zu sagen, „What the f..k, dann kauft halt ein modernes Smartphone, machen wir ja auch jedes Jahr“. Allerdings sind die alten 2G-Handys, die noch in vielen Schubladen rumliegen, nicht das eigentliche Problem – auch wenn die 2G-Netze bislang häufig noch der Rettungsanker sind, um überhaupt telefonieren zu können, wenn es mit der 4G-(LTE-) oder 5G-Abdeckung hapert.

Aus für Notnagel GPRS und EDGE

Auch den Logistiksektor trifft es. Viele der für Toll Collect verbauten OBUs in den LKWs nutzen noch 2G-Technik.

Toll Collect

Die große Herausforderung sind vielmehr die paketvermittelten Datenübertragungs- und Kurzmitteilungsdienste der 2G-Netze.  So müssen heute viele von der UMTS-(3G-)Abschaltung 2021 betroffene Nutzer 2G-Datendienste wie GPRS oder EDGE als Notnagel verwenden.

Das gilt etwa für viele Fahrer von Fahrzeugen, in denen Telematik-Systeme der frühen Generationen verbaut sind. Das umfasst Autos, die teilweise noch bis 2019 gebaut wurden.

Zwar ist es kein Vergnügen, einen für UMTS konzipierten Service mit GPRS oder EDGE zu nutzen, aber es funktioniert. 2028 beziehungsweise 2030 wäre damit dann endgültig Schluss. In diesem Zusammenhang nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen LKWs. Für die automatisierte Teilnahme am Mautsystem Toll Collect nutzen viele Onboard Units (OBUs) noch 2G-Technik.

Ab 2028 kein TÜV wegen 2G-eCall?

Noch vertrackter verhält es sich mit dem seit 2018 in der EU vorgeschrieben PKW-Notrufsystem eCall. Ein funktionierendes eCall-System ist bislang TÜV-relevant und erforderlich, um die Hauptuntersuchung zu bestehen. Allerdings verbauten zahlreiche Hersteller lange noch – teilweise sogar bis 2024, in ihren Fahrzeugen eCall-Systeme, die nur 2G und 3G unterstützen.

Ab 2028 funktioniert in Millionen von PKWs der eCall-Notruf nicht mehr. Es droht ein Durchfallen beim TÜV.

dragonetti/shutterstock.com

Theoretisch dürften diese Fahrzeuge ab 2028 dann keine TÜV-Plakette mehr bekommen. Ein Umstand, der mittlerweile auch in Brüssel aufgefallen ist. Die Aftermarket-Zeitschrift amz berichtet, „ab 2027 muss der eCall in allen Autos mindestens dem 4G- oder 5G-Funkstandard entsprechen – Bestandsfahrzeuge schauen in die Röhre“. Betroffene Autofahrer können nur hoffen, dass auch die Prüfungsvorschriften zur HU entsprechend geändert werden.

2G-Falle IoT und M2M

Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Fast überall, wo kleine Datenmengen übertragen werden und eine flächendeckende, zuverlässige Versorgung gefordert ist, kam und kommt 2G-Technik mit GPRS, EDGE oder SMS zum Einsatz.

Hier sei nur an die Stichworte IoT, Fernwartung oder M2M  erinnert. Alleine in Deutschland sind laut Statistikportal Statista rund 62 Millionen M2M-SIM-Karten angemeldet. 2G-Technik kann also in Windrädern, entfernten Pegelhäuschen an Flüssen, Steuerungen von Wasser-Reservoirs, Parkraum-Bewirtschaftungssystemen etc. verbaut sein.

Rund 100.000 Aufzüge betroffen

Eine weitere große Baustelle dürften Notrufsystem wie Aufzugs- oder Hausnotruf und Brandmeldesystem sein. Die Bosch Services Solutions GmbH, die das Portal Bosch Elevator Cloud betreibt, geht davon aus, dass von den rund 200.000 installierten Personenaufzügen in Deutschland schätzungsweise die Hälfte noch 2G als Notrufsystem verwenden.

Von der 2G-Abschaltung sind auch die Steuerungen zahlreicher Windräder betroffen.

Thorsten Schier

Auf die Unternehmen kommt also in den nächsten Jahren – ähnlich wie bei der Umstellung von ISDN auf All-IP – eine Menge Arbeit zu. So empfiehlt sich, rechtzeitig einen Masterplan zu entwerfen und entsprechende finanzielle Ressourcen einzuplanen, denn es könnte teuer werden.

Experten veranschlagen rund 15.000 Euro, um eine Windrad-Steuerung umzurüsten. Einen Aufzugnotruf zu modernisieren, könnte mit etwa 2.500 Euro zu Buche schlagen.

Die Telekom rät ihren Kunden, sich rechtzeitig vorzubereiten. Sie empfiehlt: „Bei der Anschaffung oder dem Regeltausch von Geräten und Diensten ist auf die Unterstützung moderner Technologien wie 4G/LTE und 5G, beziehungsweise bei IoT-Anwendungen Narrowband-IoT (NB-IoT) und LTE-M zu achten. Für Telefonate müssen zudem der Voice-over-LTE-Standard der Telekom (VoLTE, Sprache über LTE) oder 5G VoNR (5G Voice-over-New-Radio) unterstützt werden.”

 Als erster Mobilfunkbetreiber will die Telekom 2028 ihr 2G-Netz abbauen.
Deutsche Telekom

Auf den ersten Blick scheint die Meldung ein No-Brainer zu sein: Die Telekom will zum 30. Juni 2028 ihr 2G-Netz komplett abschalten. Die Begründung: Die Frequenzen, die mit Abschaltung der veralteten Technik frei werden, sollen dann für 4G und 5G genutzt werden, um eine schnellere Datenübertragung zu ermöglichen.

Beim Konkurrenten Vodafone heißt es dazu, dass man wahrscheinlich 2030 das 2G-Netz abschalte. Keinen konkreten Abschalttermin gibt es bislang von Telefónica Deutschland. Dort heißt es, wie teltarif berichtet: „2G bleibe als Basisnetz für mobile Telefonie und SMS vorerst bestehen“.

Hunderttausende Legacy-Anwendungen betroffen

Mit der 2G-Abschaltung werden ab 2028 bundesweit hunderttausende, wenn nicht gar Millionen von Legacy-Anwendungen, die heute unauffällig ihren Dienst verrichten, nicht mehr funktionieren. Damit kommt auf viele Unternehmen in den nächsten Jahren eine wahre Sisyphusarbeit zu. Es gilt, diese Anwendungen, die oft seit Jahrzehnten im Hintergrund laufen, zu identifizieren und zu modernisieren – sprich Geld zu investieren.  

Dabei ist die Argumentation des Bonner Carriers grundsätzlich nachvollziehbar. Die für 2G verwendete Technik ist wirklich alt und hat mittlerweile mehr als 30 Jahre auf dem Buckel. Zur Erinnerung: 1992 wurden mit den damaligen D-Netzen (D1 von der Telekom, D2 von Mannesmann Mobilfunk – heute Vodafone) die ersten digitalen Mobilfunknetze in Deutschland eingeführt.

Ältere Handys werden nicht mehr funktionieren

In Deutschland dürften die Notrufsysteme von schätzungsweise rund 100.000 Aufzügen von der 2G-Abschaltung betroffen sein.
PRASAN MAKSAEN/shutterstock.com

Sie basieren auf der 2G-Technik, auch bekannt als Global System for Mobile Communications (GSM). Dahinter verbirgt sich der Standard für volldigitalisierte Mobilfunknetze. Er ermöglichte nicht nur Telefonie, sondern auch paketvermittelte Datenübertagung sowie Kurzmitteilungen – Stichwort: SMS.

Gerade die jüngere Generation wird hier eventuell versucht sein, zu sagen, „What the f..k, dann kauft halt ein modernes Smartphone, machen wir ja auch jedes Jahr“. Allerdings sind die alten 2G-Handys, die noch in vielen Schubladen rumliegen, nicht das eigentliche Problem – auch wenn die 2G-Netze bislang häufig noch der Rettungsanker sind, um überhaupt telefonieren zu können, wenn es mit der 4G-(LTE-) oder 5G-Abdeckung hapert.

Aus für Notnagel GPRS und EDGE

Auch den Logistiksektor trifft es. Viele der für Toll Collect verbauten OBUs in den LKWs nutzen noch 2G-Technik.
Toll Collect

Die große Herausforderung sind vielmehr die paketvermittelten Datenübertragungs- und Kurzmitteilungsdienste der 2G-Netze.  So müssen heute viele von der UMTS-(3G-)Abschaltung 2021 betroffene Nutzer 2G-Datendienste wie GPRS oder EDGE als Notnagel verwenden.

Das gilt etwa für viele Fahrer von Fahrzeugen, in denen Telematik-Systeme der frühen Generationen verbaut sind. Das umfasst Autos, die teilweise noch bis 2019 gebaut wurden.

Zwar ist es kein Vergnügen, einen für UMTS konzipierten Service mit GPRS oder EDGE zu nutzen, aber es funktioniert. 2028 beziehungsweise 2030 wäre damit dann endgültig Schluss. In diesem Zusammenhang nicht zu vergessen sind auch die zahlreichen LKWs. Für die automatisierte Teilnahme am Mautsystem Toll Collect nutzen viele Onboard Units (OBUs) noch 2G-Technik.

Ab 2028 kein TÜV wegen 2G-eCall?

Noch vertrackter verhält es sich mit dem seit 2018 in der EU vorgeschrieben PKW-Notrufsystem eCall. Ein funktionierendes eCall-System ist bislang TÜV-relevant und erforderlich, um die Hauptuntersuchung zu bestehen. Allerdings verbauten zahlreiche Hersteller lange noch – teilweise sogar bis 2024, in ihren Fahrzeugen eCall-Systeme, die nur 2G und 3G unterstützen.

Ab 2028 funktioniert in Millionen von PKWs der eCall-Notruf nicht mehr. Es droht ein Durchfallen beim TÜV.
dragonetti/shutterstock.com

Theoretisch dürften diese Fahrzeuge ab 2028 dann keine TÜV-Plakette mehr bekommen. Ein Umstand, der mittlerweile auch in Brüssel aufgefallen ist. Die Aftermarket-Zeitschrift amz berichtet, „ab 2027 muss der eCall in allen Autos mindestens dem 4G- oder 5G-Funkstandard entsprechen – Bestandsfahrzeuge schauen in die Röhre“. Betroffene Autofahrer können nur hoffen, dass auch die Prüfungsvorschriften zur HU entsprechend geändert werden.

2G-Falle IoT und M2M

Die Liste lässt sich beliebig verlängern. Fast überall, wo kleine Datenmengen übertragen werden und eine flächendeckende, zuverlässige Versorgung gefordert ist, kam und kommt 2G-Technik mit GPRS, EDGE oder SMS zum Einsatz.

Hier sei nur an die Stichworte IoT, Fernwartung oder M2M  erinnert. Alleine in Deutschland sind laut Statistikportal Statista rund 62 Millionen M2M-SIM-Karten angemeldet. 2G-Technik kann also in Windrädern, entfernten Pegelhäuschen an Flüssen, Steuerungen von Wasser-Reservoirs, Parkraum-Bewirtschaftungssystemen etc. verbaut sein.

Rund 100.000 Aufzüge betroffen

Eine weitere große Baustelle dürften Notrufsystem wie Aufzugs- oder Hausnotruf und Brandmeldesystem sein. Die Bosch Services Solutions GmbH, die das Portal Bosch Elevator Cloud betreibt, geht davon aus, dass von den rund 200.000 installierten Personenaufzügen in Deutschland schätzungsweise die Hälfte noch 2G als Notrufsystem verwenden.

Von der 2G-Abschaltung sind auch die Steuerungen zahlreicher Windräder betroffen.
Thorsten Schier

Auf die Unternehmen kommt also in den nächsten Jahren – ähnlich wie bei der Umstellung von ISDN auf All-IP – eine Menge Arbeit zu. So empfiehlt sich, rechtzeitig einen Masterplan zu entwerfen und entsprechende finanzielle Ressourcen einzuplanen, denn es könnte teuer werden.

Experten veranschlagen rund 15.000 Euro, um eine Windrad-Steuerung umzurüsten. Einen Aufzugnotruf zu modernisieren, könnte mit etwa 2.500 Euro zu Buche schlagen.

Die Telekom rät ihren Kunden, sich rechtzeitig vorzubereiten. Sie empfiehlt: „Bei der Anschaffung oder dem Regeltausch von Geräten und Diensten ist auf die Unterstützung moderner Technologien wie 4G/LTE und 5G, beziehungsweise bei IoT-Anwendungen Narrowband-IoT (NB-IoT) und LTE-M zu achten. Für Telefonate müssen zudem der Voice-over-LTE-Standard der Telekom (VoLTE, Sprache über LTE) oder 5G VoNR (5G Voice-over-New-Radio) unterstützt werden.”